Ich begegne immer mal wieder Situationen, in denen Menschen denken, Entschuldigungen sind ein aktiver Prozess.
Ein kleines Beispiel wäre: Ich remple jemanden aus Versehen auf der Straße an und brabble ein „‚tschuldigung“.
Für kleine Situationen mag das stimmig sein, das „‚tschuldigung“ drückt aus: „Ich hab das nicht mit Absicht gemacht“.
Für große Situationen ist das aber total falsch herum.
„‚tschuldigung“ heißt ausgeschrieben: „Ich bitte um Entschuldigung“.
Expliziter fände ich: „Ich bitte um Entschuldung„.
„Ich bin mir bewusst, dass ich Schuld auf mich geladen habe. Ich bitte Sie mir diese Schuld zu erlassen.“
Ein echtes Gesuch um Entschuldung muss ein offener Prozess sein.
Ein: „Ich lege einen Teil meines Schicksals in deine Hände.“
Kein: „Ich hab die richtigen Worte gesagt, also muss jetzt wieder alles gut sein und ich kann mit meinem Tag weiter machen.“
Eine Bitte um Entschuldigung muss „von unten“ kommen. Als offene Bitte, nicht als Erwartung, Befehl, Forderung.
Eine Bitte aus einer Position von Macht oder Stärke ist keine Bitte.
Eine Entschuldung zu ersuchen ist passiv, nicht aktiv.
Ich kann mich nicht entschuldigen – nur die Person deren gegenüber ich mir Schuld aufgeladen habe kann mich entschuldigen. Ich kann nur um eine Entschuldigung bitten.
Als Kinder werden wir oft trainiert, dass es darum geht die magischen Worte zu sagen, und dann ist es wieder gut. Die andere Person muss dann sagen „Ist ok“ oder „kein Problem“ oder „war nicht schlimm“ oder sowas.
Am besten als direkte Antwort.
Aber eine wirkliche Entschuldigung – ein Verzeihen – kann Zeit erfordern.
Nur weil du gerade jetzt die Vorstellung hast, dass du entschuldigt sein willst, heißt das ja nicht, dass ich gerade Kapazitäten dafür habe.
Vielleicht brauch ich mehr Zeit, mehr Informationen, muss erst in mir selbst nachschauen ob es stimmig für mich ist dir deine Schuld zu erlassen. Und in manchen Fällen geht es auch einfach nicht.